Münchner Sexg’schichten:
Aller Anfang ist schwer
von
Jenny Hubertiger
Über das Buch:
Die intelligente und attraktive Mathematikstudentin Sieglinde, auch Siggi genannt, aus dem schönen Voralpenland kommt nach München nicht nur wegen des Studiums, sondern auch um etwas zu erleben in Sachen Liebe, genauer gesagt Liebesabenteuer. Dass ihr Studienfach nicht unbedingt die beste Wahl ist um die richtigen Männer dafür zu finden, entdeckt sie schon sehr früh. Ihre unauffällig aussehende Studienkollegin Jasmin scheint da eher das richtige Fach gewählt zu haben, glaubt Siggi zu wissen. Doch da irrt sie sich gewaltig. Die unscheinbare Kollegin und Freundin scheint es faustdick hinter den Ohren zu haben. Während Jasmin aber im alltäglichen Leben kaum Beachtung bekommt, spielen bei einigen Männern beim Anblick Siggis die Hormone verrückt und verlieren alle Hemmungen. Allerdings ist das Mathematikgenie ziemlich schlagkräftig im wahrsten Sinne des Wortes. Den schwarzen Gürtel trägt sie nicht umsonst, wie diese aufdringlichen und daher in Liebesdingen ungeeigneten Kerle schmerzhaft erfahren müssen.
Während Siggi das Studium souverän meistert, will es mit dem sinnlichen Vergnügen einfach nicht klappen. Kann ihr da ein zwielichtiger Erotikfotograf und ihre Freundin irgendwie aushelfen?
Anmerkung zum Buch:
Nicht alles in dieser Geschichte ist fiktional. Einige Ereignisse könnten einer oder mehreren Personen so ähnlich passiert sein. Dennoch sind alle Charaktere frei erfunden.
1.Auflage
© 2019 Jenny Hubertiger
Alle Rechte vorbehalten
Autor: Jenny Hubertiger
Umschlaggestaltung, Illustration: Jenny Hubertiger
E-Mail: jenny_the_novelist@mail.de
c/o AutorenServices.de
Birkenallee 24
36037 Fulda
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Reise nach München und ein Blick zurück
Die erste und letzte Sexparty
1. 2.
Neue Freunde
1. 2.
Der Alltag und das Ungewöhnliche
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Die Krux mit dem Doppelleben
1. 2.
Auch Studentinnen wollen Spaß haben
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Stressiger Job und Arbeit mit Leidenschaft
1. 2. 3.
Gefährliche Partyanimals
1. 2. 3. 4. 5.
Die angenehme Art des Geldverdienens
1. 2. 3.
Besinnliche und geile Weihnachten
1. 2. 3.
Böse Chefs und heiße Jobaussichten
1. 2. 3. 4. 5.
Die Maske fällt
1. 2.
Anhang: Wörterbuch
Bayrisch – Deutsch
Die angehende Mathematikstudentin Sieglinde Hubernagel, oder auch Siggi, wie sie von Familie und Freunden genannt wurde, weil es nicht nur kürzer war, sondern auch zu ihrer burschikosen Art passte, saß in einem halb leeren Regionalzug von Rosenheim nach München. Endlich war sie auf dem Weg dahin nach München, wohin sie schon lange wollte. Sie freute sich nicht nur auf das Studium der Mathematik, weil sie als Schülerin in diesem Fach ein Ass gewesen war. Sie konnte nun auch endlich dem ländlichen Mief entkommen und im aus ihrer Sicht mondänen München ihrem Leben mehr Abwechslung geben, zumindest an besseren Partys teilnehmen als an den ewig gleichen Partynächten in irgendwelchen Dorfdiscos.
Siggi gehörte sicherlich zu den Frauen, die dem Spaß nicht aus dem Weg ging. Ihr selbst kreiertes und etwas altbacken klingendes Motto »Smart girls just wanna have a Gaudi« passte da ganz gut zu ihr.
Obwohl sie auf den ersten Blick burschikos rüberkam – ihr Kurzhaarschnitt und die Jeans trugen bestimmt dazu bei – und weniger wie ein Partygirl, wirkte sie auf den zweiten Blick dafür umso sexier.
Gleich aus der Entfernung fiel ihre große Oberweite sofort auf und das bestimmt nicht nur dem männlichen Teil der Bevölkerung. Man erkannte schon, dass die Knöpfe ihrer Bluse schon schwer arbeiten mussten, um das Ganze darunter im Zaun zu halten. Die enganliegenden Jeans ließen erahnen, dass die Kurven dieser jungen und sportlichen Frau sich nahtlose in den Beinen fortsetzten. Doch ihre wahre Stärke war sicherlich ihr hübsches und nur leicht geschminktes Gesicht mit den kleinen Ohrringen und der kurzen hochgestellten und punkartig aussehenden Frisur. Ihre dunkelblauen Augen und hellbraunen Haare gaben ihr noch den letzten Schliff. Dagegen klang ihr typisch bayrischer Name schon wie ein heraufbeschworenes Vorurteil. Hätte sie sich jemanden am Telefon so vorgestellt und den Namen ausgesprochen mit ihrem bayrischen Zungenschlag, hätte man fast geglaubt, dass am anderen Ende der Leitung irgend so ein oberbayrisches Landei säße, wobei natürlich nichts einzuwenden wäre gegen Landeier.
Im Augenblick interessierte sich allerdings niemand dafür im fast leeren Zugabteil, wo außer Siggi nur ein paar ältere Herrschaften von ihrer Wandertour auf dem Weg zurück nach München saßen. In Fahrtrichtung sitzend blickte sie aus dem Fenster und ließ ihren Blick über die idyllische Voralpenlandschaft schweifen, die in ein spät herbstliches Sonnenlicht eingetaucht war. Ein herrlicher Anblick, der sie leicht melancholisch werden ließ. Schließlich war sie trotz der Eintönigkeit, den sie für ihren Heimatort, genauer gesagt für die dort stattfindenden Partys, empfand, sehr naturverbunden. Die Berge liebte sie. Das würde sie sicherlich in München vermissen. Beim Blick aus dem Fenster schwelgte sie in Erinnerungen an die Kindheit und Jugend.
Siggi musste immer lächeln, wenn sie an ihre Zeit als kleines Mädchen im Vorschulalter zurückdachte. Im Haus ihrer Eltern war sie oft wie ein kleiner Wirbelwind umhergerannt und jagte immer die zwei Familienhunde Bernie und Ert – ein noch nicht ausgewachsener Beagle und ein ebensolcher Schäferhund – durch das Haus oder sie wurde von den zwei Hunden gejagt. Sie balgte sich auch gerne mit ihnen, als wäre sie selbst noch ein Hundewelpe. Mutter und Vater wussten dann nicht, ob sie sich Sorgen machen mussten, dass sie sich irgendwo ihren Kopf stieß, oder ob sie einfach nur fasziniert und amüsiert zuschauen sollten, wie viel Energie in diesem kleinen Mädchen steckte. Sie schien diese Aufmerksamkeit auch zu genießen, ganz zum Verdruss ihres zwei Jahre älteren Bruders Franz. Schließlich war er der kleine Mann im Haus und ging auch schon in die erste Klasse. Dass das zu Konflikten und Hänseleien zwischen dem Geschwisterpaar führte, war unausweichlich. Meistens geschah das, wenn die Eltern nicht da waren. Dann ließ Franz den kleinen Pascha raushängen und wies die kleine Siggi zurecht, dies und das nicht zu machen. Vor allem das Herumtollen mit den Hunden nutzte er als Vorwand, um das kleine Mädchen zu kontrollieren und sie am Arm zu packen, wenn sie nicht hören wollte.
»Lass me los«, schrie sie dann, »oda i sog’s Mama und Babba!«
»Mama und Babba woin, dass i auf di aufpasse, sonst verletzt du di bloß oda machst was kaputt«, erwiderte er einem kindlich autoritären Stil.
Diese angebliche Besorgnis kümmerte das Mädchen wenig. Sie riss sich dann meistens los und jagte den Hunden weiter hinterher. Den kleinen Franz machte das jedes Mal wütender und er griff härter zu. Siggi schrie lauter, die Hunde bellten wie verrückt und das Ganze schien zu eskalieren, bis irgendwann Mutter oder Vater heimkamen und entsetzt fragten, welche Hölle denn hier ausgebrochen wäre. Ein Kindermädchen wäre gut gewesen, war aber zu teuer und auch nicht verfügbar. Und so ging das immer weiter. Sogar einige der Nachbarn beschwerten sich über den Lärm, obwohl die Nachbarhäuser weiter weg standen.
Ein kleines Mädchen, das ihren eigenen Kopf hatte und ihr älterer Bruder, der sie kontrollieren wollte. Dazu noch zwei Hunde, die einfach nur spielen wollten und Siggi als Teil ihres Rudels akzeptierten. Zumindest konnte das Mädchen mit den Hunden ganz gut mithalten. Die Kontrolle durch den großen Bruder ging der kleinen ziemlich auf die Nerven. Schließlich wollte sie die Freiheit genießen, wenn die Eltern mal kurz weg waren. Aber nein, der ältere und vor allem stärkere Bruder übernahm die Elternrolle.
›Ach, wenn i doch nur scho so grous und stoak wia mei Bruada wär‹, dachte sie öfters. Das wäre sicherlich von Vorteil gewesen und im Kindergarten, wo sie zu den kleineren Kindern gehörte, hätte etwas mehr Kraft auch nicht schaden können.
Die Lösung dieses »Problems« kam noch vor der Grundschule und vom Bruder selbst, der gerne fernsah und eine Vorliebe für Actionfilme entwickelt hatte, allerdings nicht für Actionfilme wie »Rambo« oder Filme wo Blut in Strömen fließt. Da passten die Eltern schon auf. Eher Action mit Humor wie in den Jackie Chan oder den Bud Spencer und Terence Hill Filmen. Siggi, neugierig wie sie war, schaute dann mit, denn alleine durfte sie nicht fernsehen. Was sie sah, brachte sie nicht nur zum Lachen, sondern imponierte sie auf eine kindliche und naive Art. Vor allem dieser kleine Chinese wie er gegen eine Überzahl von Gegnern kämpfte, von denen viele auch noch größer waren als er, und mit seinen schnellen Schlägen – mit Händen und Füßen gleichermaßen – diese k.o. schlug, war für sie schon beeindruckend. In diesen friedlichen Momenten – sie und ihr großer Bruder auf der Couch, die Hunde gelangweilt auf dem Boden liegend – fand sie nicht nur Gefallen an diesen asiatischen Kampfkünsten, sondern sie fasste auch den Entschluss, das ganze einmal selber auszuprobieren. Denn wenn ein kleiner Chinese es gegen so viele Männer aufnehmen konnte, dann wäre es doch für sie ein Kinderspiel sich mit dieser Kampfkunst gegen ihren größeren Bruder durchzusetzen. Zumindest dachte sie das, aber ihrem Bruder wollte sie von ihrem Plan nichts verraten. Also nichts wie hin zu Mama und Papa und sie fragen, wie sie ihr das Beibringen konnten.
Nach anfänglichen Zögern einigten sich die Eltern sie in einen Judokurs für Kleinkinder zu schicken. Siggi machten diese Kurse viel Spaß, was für diesen kleinen Wirbelwind nicht überraschend war. Sie konnte sich richtig austoben und dabei Disziplin lernen. Doch sie merkte schnell, dass das hier wenig mit den Kampfkünsten eines gewissen Herrn Chan zu tun hatte und sie ihren deutlich größeren Bruder damit auch nicht wirklich beeindrucken konnte. Dann, kurz vor ihrer Einschulung schnappte sie Begriffe wie »Karate« und »Taekwondo« auf.
»Is denn des ned gefährlich fia a so kleines Madl?«, fragten die Eltern, nachdem Siggi zu ihnen wieder tausendmal »Bitte… bitte… bitte...« gesagt hatte. Gefährlich für dieses Energiebündel? Eher »gefährlich« für ihren Bruder und seinen Machteinfluss.
Im Laufe ihrer Kindheit wurde sie so zur asiatischen Kampfkünstlerin, so eine Art Siggi Chan. Dass ihr großer Bruder sie nicht mehr so einfach ärgern konnte, war dann das Ergebnis ihrer sich ständig verbessernden Kampfkünste. Der Bruder selbst war nicht so ein Karate Kid wie seine Schwester. Er betrieb eher Kampfkunst am Computer mit dem Joystick.
Dieses für ein Mädchen in dieser Gegend eher ungewöhnliche Hobby und ihre nicht allzu enthusiastische Beschäftigung mit Puppen gaben Siggi schon in der Grundschule diesen burschikosen Anstrich. Sie hatte auch mehr Freunde als Freundinnen. Ihr jungenhaftes Auftreten hatte nichts mit lesbischen Neigungen zu tun, auch wenn viele Schülerinnen sie später oft hänselten, vor allem in den ersten Jahren auf dem Gymnasium, weil sie fast immer Hosen und Sportschuhe trug. Das geschah eigentlich aus reiner Bequemlichkeit. Der Grund, warum sie schon so früh mit den Jungs zusammen war, war ganz einfach: Sie mochte Jungs und war auch fasziniert von ihnen, wenn auch nur von wenigen, die auch so sportlich und an Kampfsport interessiert waren wie sie.
Ihr Interesse an Jungs wurde im Laufe der Jahre sogar noch größer, als sie lernte die Sperren auf ihrem Computer zu umgehen und ganz ohne Zensur im Internet zu surfen. Das machte sie vor allem dann, wenn schon alle anderen im Haus in ihren Betten lagen. Für ein neugieriges Mädchen zu Beginn der Pubertät taten sich da Welten auf, in Bezug auf die Sexualität. Die Geschichten, die man kleinen Mädchen erzählte, um sie vor diesem ganzen »Sexzeugs« zu »schützen« – von Bienen, Häschen, Störchen und so weiter – brachte Siggi sowieso nur zum Kichern. Schließlich fragte sie sich schon damals als kleines Mädchen immer, wozu ihr Bruder diesen kleinen »Zipfe« und sie eine »Mumu« hat. Wenn beide doch nur zum Pinkeln wären, wieso schauten dann beide nicht gleich aus?
Während alle anderen Mädchen ihres Alters sich Internetvideos mit Katzen und Schminktipps anschauten, die Siggi sich sicherlich auch oft ansah, bevorzugte sie eher die Webseiten, die von neugierigen Jungs aufgerufen wurden und wo man mit einem Klick versichern musste, dass man schon mindestens achtzehn Jahre alt war. Siggis Neugier war einfach zu stark, keine erzieherische und gesellschaftliche Konvention konnte sie davon abhalten, selbst mal nachzuforschen, wie das so lief zwischen Jungen und Mädchen.
Diese ganzen Regeln und Tabus der Gesellschaft zu allem, was irgendwie mit Sex zu tun hatte, interessierte sie sowieso recht wenig. Dort, wo sie herkam, nämlich aus dem ländlich bayrischen Raum, war das schließlich noch eine Spur konservativer und verklemmter. Denn eines was Siggi klar: Ihr intensiverer Umgang mit Jungs wegen ihrer Vorliebe für den Kampfsport, während Mädchen ihres Alters sie eher langweilten, ließ sie schon früh erkennen, wie das Thema Sex unterschiedlich gehandhabt wurde und eine gewisse Doppelmoral vorherrschte. Das Über-Ich, das stärker ausgeprägt war in konservativen Gesellschaften und da insbesondere bei Frauen und ihrem Sexleben, warf Siggi in den Abfalleimer der Pseudo-Moral. Nach außen aber spielte sie aber immer noch die kleine und unschuldige Siggi, was ihr bestimmt Ärger und üble Nachrede ersparte. Denn intelligenter und geistig reifer als ihre Altersgenossinnen war sie ganz bestimmt.
Je älter sie wurde, desto mehr entwickelte sich bei ihr eine heimliche Vorliebe für »Sexfilmchen«, auch Pornos genannt, die sie die romantische Liebe in anderem Licht sehen ließ. Bei den ersten Bildern und Filmclips war sie zunächst noch etwas geschockt. Die Aufklärung in der Schule war ja schließlich eher oberflächlich und das ganze peinliche Gekichere der Mitschüler macht das Ganze auch nicht besser. Siggi konnte sich aber natürlich auch ein Kichern hin und wieder nicht verkneifen, was aber eher mit dem ungelenken Auftritt der Biologielehrerin zu tun hatte.
Die simulierten Sexszenen in den Mainstream-Filmen waren für sie schon gar nicht hilfreich. Alles läuft da immer perfekt koordiniert ab, die Bewegungen, das unterdrückte Stöhnen und das Timing. Alles erschien ihr dort immer so künstlich. Nach dem Sex, wenn der Mann das Bett verließ und sich die Frau aufrichtete, zog sie dabei immer die Bettdecke über die Brüste, als ob nach dem Sex Nacktheit wieder Tabu war, vor allem in diesen Hollywoodschinken. Amerikas Prüderie und die Zensur ziehen den ganzen Sex ins Groteske und alles wirkt auf den zweiten Blick lächerlich. Siggi fand das alles nur noch zum Lachen. Viele Mitschülerinnen fanden das aber ganz anregend und »so romantisch«. Bei einigen Unterhaltungen mit Freundinnen über diese Liebesfilme oder romantischen Komödien musste sie wie schon im Aufklärungsunterricht innerlich lachen. Was sie aber wirklich an diesen Filmen störte, verriet sie nicht. Die anderen Mädchen hätten sonst auf andere Gedanken kommen und sich eine unvorteilhafte Meinung über sie bilden können.
Allgemein gesehen war Siggi so etwas, was man frühreif nennen konnte und das in der siebten Klasse. Ansehen konnte man dies ihr aber nicht, denn was ihre körperliche Entwicklung anging, waren die anderen Mädchen zu diesem Zeitpunkt schon weiter. Anscheinend war die intensivere sportliche Betätigung für die noch knabenhafte Figur zuständig. Die Buben schienen sie jedenfalls nicht ganz so wahrzunehmen wie die anderen Mädchen, obwohl sie sich mit ihnen öfters aufhielt als mit den Mädels. Das schien sie aber weniger zu stören. Allerdings waren die Burschen in ihren Augen auch nicht so wie die Jungs, die sie heimlich auf ihrem Computer ansah, weshalb sie die Jungen auch nicht als sexuelle Personen wahrnahm und deshalb auch ganz ungezwungen mit ihnen redete. Ganz anders waren die anderen Mädchen, die in diesem Alter die Jungs anders, als sie es tat, betrachteten und beim Anblick dieser untereinander kicherten. Siggi ging das jedes Mal auf die Nerven.
Siggi schaute, das Kinn auf ihre rechte Hand stützend, aus dem Zugfenster. Diese Sitzposition war sehr entspannend, aber verführte sie auch zum Einschlafen. Die Zeitung, die sie am Bahnhofskiosk gekauft hatte, hatte sie schon längst durchgelesen. Ein Buch aus ihren zwei großen Rollkoffern, einer neben ihrem Sitzplatz zwischen den Sitzreihen und ein anderer auf der Kofferablage über ihr, wollte sie jetzt nicht mehr herausholen. Das war ihr in der derzeitigen Entspannungshaltung zu anstrengend. Allerdings musste sie ihren großen Rollkoffer, der zwischen den beiden Sitzreihen stand, zu sich an ihre Beine ziehen, da ein älterer Mann mit einem sehr großen Koffer Probleme hatte zu seinem Sitzplatz durchzukommen.
»Na, bassd scho«, entgegnete er der zuvorkommenden Siggi.
Nachdem er durchgegangen war, stellte sie den Koffer auf den Gang, um wieder genügend Beinfreiheit zu haben, denn die Fahrt nach München war noch lang.
1.
Siggis burschikoses Auftreten bekam unverhofft einen Dämpfer, denn neben dem typischen Wachstumsschub für Mädchen in dieser Zeit – Siggi steuerte so langsam auf die ein Meter siebzig zu – wuchs bei ihr noch was ganz anderes, was dazu führte, dass die Buben, mit denen sie sich öfters aufhielt als mit den Mädchen ihres Alters, sie anders wahrnahmen. Die eher flachbrüstige Siggi wurde über Nacht zum vollbusigen »Tittenmonster«, wie die anderen pubertierenden und neidischen Teenager, vor allem unter den Mädchen, sich untereinander zuflüsterten. Kinder und vor allem Teenager können ziemlich gemein sein, wenn es darum geht über andere zu hänseln und die gleichaltrigen Mädchen um Siggi waren besonders niederträchtig. Die Jungs waren da weniger gemein, aber nicht unbedingt weniger verletzend. Anstatt ihr in die Augen zu schauen, wenn sie mit ihr sprachen, senkten sich ihre Blicke nach unten. Ihr fiel das natürlich auf und sie haderte erst einmal mit sich, auch weil der verlagerte Körperschwerpunkt ihr ein paar Probleme beim Ausüben ihres Kampfsports bereitete. Talentiert wie sie nun einmal war, konnte Siggi diesen Nachteil aber bald wieder durch Verbessern ihrer Technik beheben.
Auch die Stiche ihrer Klassenkameradinnen langweilten sie zunehmend und sie schenkte ihnen mit der Zeit fast gar keine Beachtung mehr. Zumindest tat sie so, was wiederum die anderen Mädchen ärgerte. Die bewundernden Blicke der Jungs allerdings schien sie mit der Zeit immer mehr zu mögen.
An was sie sich aber nicht gewöhnen konnte, waren die Beleidigungen ihres Bruders. Sätze wie »De Muich fia mei Müsli is aus, kannst ma moi kuaz dei Euta zur Vafügung stäin« waren da noch die harmloseren Sprüche. Bei den Eltern wollte sie sich nicht beschweren. Es wäre zu peinlich gewesen, ihnen zu erzählen, was ihr Bruder Franz da von sich gegeben hatte. Hätte sie ihre Kampfkünste am Bruder ausprobieren sollen? Mittlerweile war sie schon fast zur Meisterin herangereift. Ihr über ein Meter Achtzig großer und unsportlicher Bruder hätte keine Chance gegen sie gehabt und das bei einer viel höheren Gewichtsklasse. Aber nein, Siggi hasste und liebte ihren Bruder zugleich. Außerdem musste er gesund bleiben, denn schon langsam stand bei ihm das Abitur an. Aber gereizt hätte es sie schon.
Dennoch hatten ihre »Monstertitten« auch ihre Reize und Vorteile. Während sie früher zwar oft mit den Jungs herumhing, waren sie nach der Schule meistens getrennte Wege gegangen. Da war sie dann schon eher mit den anderen Mädels zusammen. Das änderte sich nun schlagartig. Plötzlich wurde sie von den Burschen öfters gefragt, ob sie mitgehen wolle, um irgendwo etwas gemeinsam zu trinken oder einen Film im Kino anzuschauen. So schlagartig änderten sich die Umstände und das nur, weil sich etwas mehr Fettgeweben unter der Brusthaut angesammelt hatte. Auch in Dorfdiscos und auf Privatpartys wurde Siggi jetzt oft gesehen, manchmal mit ihren Freundinnen, aber öfters mit den Jungs.
Siggis Vorliebe für Sexfilme aus dem Internet hatte sich inzwischen etwas intensiviert. Sie spielte auch immer mehr die ersten Soloszenen aus dem Internet nach, meistens, wenn keiner zu Hause war. Wenn sie ihr Bruder dabei erwischt hätte, wäre sie vor Scham gestorben, ganz zu schweigen, was passiert wäre, wenn die Eltern sei dabei entdeckt hätten. Die Solosexszenen und die sehr erregte Darstellerin, die sich alleine vergnügte, meistens mit einem Sexspielzeug, spielte sie bis zu dem Zeitpunkt, wo dann plötzlich ein Mann auftauchte – der Pizzabote oder der Mitbewohner des Hauses – und die Frau sich entschloss, das Ganze dann unanständiger werden zu lassen. Zu zweit macht es schließlich mehr Spaß.
Diese Art von Szene konnte sie natürlich nicht nachspielen, weil eben ein Mann oder Junge fehlte. Beim Sexspielzeug konnte sie sich noch anfangs mit einer Gurke aushelfen, aus der später, dank Internet, eine professionelle Masturbationshilfe wurde. Das Problem der Abwesenheit eines attraktiven und geilen Jungen, konnte Siggi leider nicht über das Netz lösen. Die Jungs in ihrer Umgebung waren für sie nicht die, die sie für ideale Sexpartner hielt. Zumindest konnten sie aus ihrer Sicht nicht mit den »Hengsten« im Internet mithalten.
Aber wie es der Zufall so wollte, wurde sie dann eines Tages wieder zu einer Party eingeladen, die von den Jungen ihrer Klasse und ein paar anderen aus den Nachbarklassen veranstaltet wurde. Natürlich durften auch Mädchen auf so einer Party nicht fehlen und vor allem nicht Siggi. Sie entsprach zwar nicht den üblichen Schönheitsklischees, lange blonde Haare, perfekte Schminke und ein Kleid, aber ihr hübsches Gesicht und ihre mittlerweile aufregenden weiblichen Kurven und besonders ihre, wie die Jungs unter sich immer sagten, »geilen Titten«, machten diese klischeehaften Schönheitsattribute, wieder wett. Außerdem konnten die Burschen irgendwie lockerer mit ihr reden, weil sie sich öfters bei ihnen aufhielt und sie auch einen besseren Draht zu ihnen hatte, gerade wegen ihrer burschikosen Art.
Die Party fand in einem großen Haus eines der Jungen statt. Die Eltern waren verreist, was eine sturmfreie Bude bedeutete. Zehn Schüler, acht Schülerinnen und jede Menge Alkohol, hauptsächlich Bier, hätten der Garant sein sollen für eine wirklich gute Party, obwohl die Eltern das so nicht erlaubt hätten. Anfänglich herrschte erst ein mal gepflegte Langeweile. Man unterhielt sich, die Musik lief und hin und wieder lachte jemand. Siggi selbst trank etwas Alkohol, zumindest nippte sie ein bisschen an der Bierflasche. Aber ihr schmeckte das Zeug auch nicht wirklich. Dazu war sie auch zu gesundheitsbewusst und eine Sportlerin durch und durch. Die anderen Mädchen becherten schon mehr. Sie hofften vielleicht im angeheiterten Zustand das Eis zwischen ihnen und den Jungs etwas zum Schmelzen zu bringen. Siggi war da schon weiter, denn schließlich war das Eis zwischen ihr und den Jungs schon längst geschmolzen. Ihre nicht mehr ganz so knabenhaften Figur spielte da eine gewichtige Rolle.
Der Gastgeber der Party, ein gewisser Hans-Rüdiger, ein etwas schmächtiger und blass aussehender Junge, hatte schon ein Auge auf die »fesche« Siggi geworfen, traute sich aber noch nicht so richtig mit ihr ins Gespräch zu kommen, da sie schon von anderen Jungs umringt war. Die anderen Mädchen unterdessen schienen sich zu langweilen und das trotz des schon reichlichen Bierkonsums. Aus diesem Grund drehte der Gastgeber die Musik etwas lauter auf und forderte alle auf das Tanzbein zu schwingen. Anfangs schaute das Tanzen etwas gehemmt und unfreiwillig komisch aus. Diese ganze Discoatmosphäre fehlte schließlich und es waren ganz einfach nicht die richtigen Personen anwesend, um die Stimmung anzuheizen. Es fehlte auch das Gedränge mit dem ständigen Körperkontakt und es war erst früher Abend. Mit der Zeit aber stieg die Temperatur im Wohnzimmer so langsam an, es wurde etwas ungehemmter und man lachte mehr. Auch mit dem Körperkontakt wurde es besser. Die anfängliche Distanz zwischen den Geschlechtern schien sich langsam aufzulösen, wenn auch noch immer ein gewisser Abstand einbehalten wurde, weil man nicht zu aufdringlich wirken wollte und trotz des Alkoholkonsums sich auch niemand traute zu sehr ranzugehen. Bier löste doch nicht alle Hemmungen. Zumindest war der Pegel noch nicht ganz so hoch.
Siggi hatte kaum Alkohol im Blut und doch war sie lockerer drauf als die anderen Mädchen. Auch sie begann zu tanzen und zeigte mit ihren rhythmischen Bewegungen, dass noch ein weiteres Talent in ihr schlummerte. Während die anderen Mädels neidisch auf sie blickten, waren die Jungs ganz angetan von der tanzenden Karatekämpferin und sie schien das zu genießen. Allerdings war ihr so viel Aufmerksamkeit auch zu viel und sie fühlte schon die eifersüchtigen Blicke der anderen Mädchen. Vergrämen wollte sie die anderen bestimmt nicht. Da kam ihr der Druck auf die Blase eigentlich ganz gelegen, um sich erst einmal ein bisschen rarer zu machen.
Sie ging zu Hans-Rüdiger, der auf einem Sessel saß und sie schon seit längerem im Blick hatte, es aber nicht hinbekam, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Sie fragte ihn nach der Toilette. Der verzog enttäuscht das Gesicht, als sie sich von ihm mit der neuen Information wieder wegdrehte.
›Wieder kein Gespräch mit ihr‹, ärgerte er sich. Für den Gastgeber und derzeitigen Hausherrn war das frustrierend. Aber so leicht wollte er nicht aufgeben.
Während Siggi auf der Toilette saß und ihr Handy nach Nachrichten checkte, horchte der schon leicht angetrunkene Hans-Rüdiger an der Tür und hörte ihr zu, wie sie pullerte und dann die Spülung zog. Er dachte, dass das sein Moment war, um mit ihr ein paar Worte mehr zu wechseln und sich womöglich an sie ranzumachen. Der Alkohol half ihm auf jeden Fall seine Hemmungen ein wenig zu überwinden. Plötzlich ging die Tür auf und er stand immer noch in Gedanken verloren gebückt mit dem Ohr an der nicht mehr verschlossenen Tür. Er war total überrascht, dass sie plötzlich vor ihm stand, und richtete sich schnell auf.
›Hatte sie sich etwa nicht die Hände gewaschen?‹, fragte er sich. »Oh, hallo Siggi! Du heißt doch so, wollte nur auch mal schnell selbst auf die Toilette.«
Siggi war ein wenig überrascht, aber nicht, weil er ihren Namen erwähnte, sondern weil er plötzlich vor ihr stand. »Jo, des stimmt. Geile Party, dank schön fia de Einladung. Hoffa mia, dass dei Ejdan ned friaha keman als geplant.«
Hans-Rüdiger lachte. »Die sind zu Besuch bei der Oma in Hannover. Das kann noch dauern.«
Er hielt kurz inne, um der lauten Musik im Erdgeschoss zu lauschen und noch etwas mehr Mut zu fassen. Soviel Alkohol hatte er dann doch nicht im Blut. Siggi bemerkte sein Zögern, sagte aber erst einmal nichts.
»Ich habe gehört, du machst Kampfsport und so ein Zeug.«
Siggi machte einen Schritt vorwärts aus dem Türrahmen. »Jo, Karate, Judo, Taekwondo und so a Zeug.« Sie lächelte ironisch.
Hans-Rüdiger schien etwas eingeschüchtert zu sein und lächelte verlegen. »Wow, du bist ja richtig gefährlich. Ich dünnes Hemd hätte gegen dich überhaupt keine Chance.«
»Ach wos, i tu dia doch nix. Brauchst koa Angst zu hom.« Jetzt mussten Siggi und auch Hans-Rüdiger lachen. Anfänglich noch etwas gedrückt, wurde die Stimmung jetzt lockerer. Der blasse Junge ließ sich von ihrem Lachen verzaubern und agierte ganz ungehemmt. Siggi war ganz nach seinem Geschmack: Er, der Nichtbayer und sie, das Mädel vom Lande. Das Eis war auf jeden Fall fast gebrochen. So lief alles schon besser.
»Hast du Lust meine Briefmarkensammlung zu sehen.«
Siggi hielt inne und wusste nicht, ob es sich hier um einen blöden Anmachspruch handelte, es ein doofer Witz war oder ob er tatsächlich Briefmarken sammelte.
Hans-Rüdiger schaute zu der etwas perplex blickenden Siggi, wurde sich seiner unglücklichen Wortwahl bewusst und versuchte sogleich die peinliche und missverständliche Situation zu klären.
»Nein, nicht das, was du vielleicht denkst.«
Siggi war erleichtert, da er sich bemühte galant die Situation zu entschärfen. Solch ein Flirten zwischen zwei Teenagern auf einer Party konnte schon mal zu Missverständnissen führen.
»Also ich habe in meinem Zimmer tatsächlich eine schöne Sammlung, ehrlich.« Hans-Rüdiger zeigt in Richtung seines Zimmers und ging voran.
Siggi fand, dass das Leben zu kurz ist, um über Peinlichkeiten und Missverständnisse zu sehr nachzudenken und folgte ihm in sein Privatgemach, während die Party unten lauter wurde. Im Zimmer angelangt lehnt der Junge hinter sich die Tür an, sodass die Partymusik noch gedämpft zu hören war. Sie waren jetzt für sich allein. Der Bursche zögerte nicht lange und holte sogleich seine Sammlung aus einer Schublade, um sie Siggi zu zeigen.
Die Sammlung war wirklich beeindruckend, soweit sie das beurteilen konnte. Die kompetenten Erklärungen des Sammlers waren es auch. Der Junge verstand was von seiner Sache.
»Wie lang machst des scho?«
»Mit zehn habe ich angefangen. Mein Vater hat mir seine kleine Sammlung überlassen, die er als kleiner Junge selbst gesammelt hatte und ich habe noch einiges hinzugefügt. Die ist jetzt richtig was wert.«
Siggi nickte anerkennend. »Pfundig.«
Beide mussten über Siggis Wortwahl lachen.
Hans-Rüdiger legte den Ordner mit den Briefmarken auf seinen Schreibtisch. »Und, wie findest du die Party?«
»Schee.«
Siggis knappe Antwort mit einem nicht so begeistertem Gesichtsausdruck schien Hans-Rüdiger so zu deuten, dass sie sich eigentlich langweilte, sie es aber nicht zugeben wollte.
»Was sagst du zu dem Haus meiner Eltern?« Hans-Rüdiger setzte sich auf sein Bett.
»Schee.«
Siggi schien irgendwie selbst überrascht zu sein, wie wortkarg sie plötzlich war. Die Stimmung war noch nicht locker genug. Hätte sie etwas forscher an die Situation rangehen sollen, um diesen Moment mehr Antrieb zu geben? Doch sie war der Meinung, dass Hans-Rüdiger für die Unterhaltung sorgen sollte, da es schließlich seine Party war, obwohl dieser Junge nicht unbedingt wie der geborene Entertainer aussah.
Zu dumm, dass der Bube irgendwie seinem blassen und schmächtigem Aussehen gerecht wurde und sich keinen weiteren Schritt vorwagte, trotz des Bieres, dass er schon getrunken hatte. Vielleicht war der Alkoholpegel zu niedrig um mehr Hemmungen zu verlieren.
Sie spürte seine Angst und sein Zögern. Wahrscheinlich musste sie die Initiative ergreifen. »Du Hansi, i deaf di so nenna, oda?«
»Ja klar, Hans-Rüdiger klingt auch so umständlich. Keine Ahnung, was sich meine Eltern damals dabei dachten mich so zu nennen.« Der Junge versuchte etwas Witz und Lockerheit ins Spiel zu bringen.
Siggi gab sich einen Ruck. »Also mia san doch do auf oana Party um uns zu amüsiern.« Sie setzte ihren Dackelblick auf und schaute ihm tief in die Augen. »Und jetzt san mia do ganz aloa in deim Zimmer und da denk i ma, kanntn mia aba bissal mehr draus machen.« Sie schien mehr an das eine interessiert zu sein als der Junge selbst, obwohl dieser von Siggis Anblick schon sehr angetan war.
Der Junge begann so langsam zu ahnen, was ablief, und eine gewisse Vorfreude gepaart mit Nervosität überkam ihn. »Was meinst du?«
Dieses um den Brei reden ging Siggi nicht schnell genug. Es nervte sie langsam, vor allem deshalb, weil doch eigentlich beide irgendwie denselben Plan hatten und es keinen Grund gab an diesem Brei weiter zu rühren. Doch gerade in diesem Moment schrie jemand hinter der Tür.
Einer von den Jungen hatte offenbar ein Problem. Er erblickte die nur angelehnte Tür, vermutete, dass seine Zielperson sich hinter der selbigen aufhielt und stieß sie auf. Überrascht vom Anblick der beiden schenkte er der Situation dennoch wenig Beachtung. Sein Problem war viel größer.
»Hans-Rüdiger, wir brauchen deine Hilfe. Gott sei Dank hab ich dich gefunden. Mensch Alter, das Bier ist aus und die Stimmung ist am Kippen. Du musst mehr besorgen.«
Hans-Rüdiger schien genervt zu sein angesichts der verpassten Chance. »Mist, was soll ich machen? Es gibt kein weiteres Bier im Haus und zum Supermarkt gehe ich bestimmt nicht. Das dauert zu lang.«
Der Junge spielte den Geschockten. »Was, kein Alkohol mehr im Haus? Das ist ja wirklich eine tolle Party. Also der Partyhengst bist du bestimmt nicht.«
Kein guter Gastgeber? Das nagte an Hans-Rüdigers Ego. »Also gut, es gibt noch Alkohol im Haus. Meine Eltern haben im Keller einen Weinschrank. Vielleicht reichen zwei oder drei Flaschen. Meine Eltern werden es sowieso nicht merken. Die sind da nicht so oft.«
»Cool, Problem gelöst. Übrigens, hallo Siggi. Wie geht’s?«
»Bassd scho, Bäda!« Siggi war von dem Jungen ebenfalls genervt, obwohl der das sicherlich nicht mit Absicht gemacht hatte.
»Tut mir leid, dass ich euer Techtelmechtel gestört habe. Aber so ohne Alkohol läuft es halt nicht. Die Bräute unten sind willig, aber nicht voll genug für amouröse Abenteuer, wenn ihr versteht, was ich meine.«
Peter und Hans-Rüdiger lachten süffisant, während Siggi nur den Mund verzog wegen dieses typischen Geplänkel unter Jungs.
Der Gastgeber erhob sich vom Bett. »Okay, Siggi, ich werde mal die Sache richten. Bin gleich zurück, dauert nicht lange.«
Schnellen Schrittes eilte er aus dem Zimmer und ging mit Peter nach unten, während sich Siggi endgültig langweilte und sich aufs Bett legte.
»Wos fia a bärige Party«, sagte sie zu sich selbst sarkastisch.
Nach ein paar Minuten Langeweile begann sie sich im Zimmer umzuschauen, durchstöberte die Regale, öffnete den Kleiderschrank, durchwühlte seine Sachen und schaltete letztendlich seinen Computer an, in der Hoffnung, außer den langweiligen und typischen Sachen eines Jungen, doch noch was Interessantes zu finden. Der Computer verlangte ein Passwort. Das war wohl eine Sackgasse. Sie schaltete ihn wieder aus und setzte sich wieder aufs Bett.
›Mei God, wos fia a Langweila‹, dachte sie sich. Sie hatte sich wohl zu viel erwartet von einem dünnem und blassen Jungen in der Nachpubertät. Moment mal, einen Ort im Zimmer hatte sie noch ausgespart. Sie stand auf und legte sich auf den Boden, um unter das Bett zu schauen. Ein paar Schuhe und ein alter und schwerer Karton, den sie sogleich herauszog. Auf den Knien hockend öffnete sie ihn und erblickte…Sportmagazine, hauptsächlich Fußball und Motorsport. Vielleicht war auch ein Kampfsportmagazin dabei. Sie nahm ein Magazin nach dem anderen heraus und legte sie neben den Karton, bis alle draußen waren. Allerdings bemerkte sie schnell, dass da irgendetwas nicht stimmte. Der Boden des Kartons schien nicht auf gleicher Höhe zu sein wie der Zimmerboden und er wog immer noch beträchtlich. Ein leerer Karton wiegt ja praktisch gar nichts. Es konnte nur eins bedeuten. Diese unscheinbare Pappschachtel hatte einen doppelten Boden. Die Neugier ergriff Siggi. Sie griff an den Rand des Kartonbodens und versuchte unter den Boden zu kommen, was gar nicht so einfach war, denn der Boden schien ein bisschen größer zu sein als die Unterseite des Kartons und steckte deshalb ziemlich fest. Sie drückte die Fingerspitzen gegen die Wand und konnte auf diese Weise doch mit den Fingern unter den Boden gelangen und ihn herausnehmen.
Da waren sie dann. Siggi machte große Augen. Ungefähr zehn Sexmagazine. Nein, nicht so welche wie der Playboy oder Penthouse. Es waren richtige Pornomagazine, wo man wirklich alles sehen konnte und nichts verdeckt war. Zwar kannte sie, was sie sah, schon aus dem Internet, aber dann so was in den Händen zu halten war dann schon etwas anderes und dazu noch im Haus eines Jungen, den sie vor kurzem nicht näher kannte und der bestimmt davon träumte mit ihr Dinge zu machen, die in diesen Magazinen gezeigt werden.
Sie fühlte sich fast schon wie zu Weihnachten, sehr aufgeregt und erregt. Sie wusste nun, dass Hans-Rüdiger sicherlich kein Kostverächter war. Ob er allerdings so alles umsetzen konnte, wie es in den Magazinen gezeigt wurde, stand sicherlich auf einem anderen Blatt Papier. Sie blätterte die Sexmagazine durch. Alles war ihr vertraut. Die untersten Hefte waren jedoch anders. Es waren, wie unschwer zu erkennen war, ältere Magazine, die mindestens schon dreißig Jahre oder sogar älter waren. Da sah Siggi tatsächlich etwas, was sie noch nie vorher so gesehen hatte: Haare, viele Haare und das vor allem unten herum. Für sie schaute das ungewohnt und komisch aus, aber irgendwie auch faszinierend. Während sie die Nackten auf den Bildern der neuen Magazine fast alle kannte, war das bei den älteren Magazinen genau umgekehrt. Genau genommen erkannte sie beim Durchblättern nur einen Darsteller, nämlich Pornolegende Ron Jeremy, und das auch nur, weil er hin und wieder in neuen Pornofilmen mitwirkte. Da jedoch agierte er meistens als Statist und weniger als Darsteller. Schließlich war der Mann schon fast im Rentenalter und ziemlich übergewichtig.
Siggi legte die paar Magazine, die sie durchgeblättert hatte, zurück auf den ganzen Stapel und stellte ihn aufs Bett. Sie schien dabei irgendwie zu vergessen, dass sie im Zimmer eines fremden Hauses war. Ihre Faszination für die Pornomagazine schien ihre Vorsichtigkeit schwinden zu lassen. Sie stellte sich vor, dass das mit dem Alkohol besorgen noch etwas länger dauern würde. Sie legte sich neben den Stapel aufs Bett und blätterte diesmal intensiver mit großen Augen ein Magazin nach dem anderen durch. Vielleicht hätte ein anderes Mädchen ihres Alters diese Sexmagazine entsetzt kurz durchgeschaut und dann geschockt vom Anblick diese sofort weggeschmissen. Siggi war da anders, zumal das, was sie da sah, nichts Neues für sie war, bis auf die älteren Bilder, die bei ihr für ein Schmunzeln sorgten. So langsam überkam sie beim Durchblättern die Lust. Dass sie im Bett eines Jungen lag, der ebenfalls auf das stand, was sie auch mochte, erregte sie noch mehr.
Während sie mit der linken Hand eines der Magazine in der Hand hielt, sich die Bilder anschaute und dabei fantasierte, wie sie eine von diesen geilen und vollbusigen Darstellerinnen wäre, glitt ihre rechte Hand in ihre Hose und dann unter ihr Unterhöschen, wo sie ihren Haarstreifen, oder auch Irokesen, wie sie ihn nannte, fühlte. Was ihre Schambehaarung betraft, entsprach sie den Frauen in den neueren Magazinen. Sie begann sich, an ihrer Intimstelle langsam zu reiben. Zu Hause masturbierte sie oft zu den Pornoclips aus dem Internet. Aber das hier war für sie mindestens genauso erregend, wenn nicht sogar noch mehr, angesichts der Situation, in der sie sich befand. Sie vergaß fast alles um sie herum, auch die Tatsache, dass die Tür zum Zimmer nur angelehnt war.
Unterdessen hatte der Gastgeber Probleme mit seinen Gästen, denn das Bier war aus und die drei Flaschen Wein, die er aus dem Keller geholt hatte, waren anscheinend zu wenig. Doch mehr wollte er einfach nicht hergeben, da sonst seine Eltern davon Wind bekommen hätten und der Ärger dann vorprogrammiert gewesen wäre. Außerdem hatte er wichtigeres zu tun, denn eine »heiße Braut« wartete auf ihn im ersten Stock. Davon erzählte er den anderen aber nichts. Das war für ihn sein persönliches Highlight. Schnell entschuldigte er sich auf die Toilette, was die anderen während des hemmungslosen Weintrinkens nicht einmal bemerkten.
Da Hans-Rüdiger schon mehr als fünfzehn Minuten weg war, beeilte er sich, nahm zwei Treppenstufen auf einmal und ging rasch zu seinem Zimmer, wo er unvermittelt stehen blieb wegen eines ungewöhnlichen, aber vertrauten Geräusches, das er aus dem Inneren seines Zimmers vernahm. Er glaubte ein typisches Stöhnen zu hören, das er kannte, wenn er allein vor seinem Computer saß und Webseiten aufrief, wo man vorher »gewissenhaft« bestätigen musste, dass man schon über achtzehn Jahre alt war. Viele Gedanken gingen dem Jungen durch den Kopf. Siggi hatte doch nicht etwa seinen Computer angeschaltet und diese Webseiten aufgerufen? Aber woher hätte sie sein Passwort kennen sollen? Schließlich hatte er ein schwer zu knackendes angelegt, damit auch ja niemand herausfinden konnte, was er mit seinem Computer anstellte. Aber das Stöhnen kam ihm so realistisch vor, dass das unmöglich von seinen Audioboxen kommen konnte.
Während sein Pulsschlag sich beschleunigte, stieß er ganz langsam die angelehnte Tür etwas weiter auf und erblickte Siggi, wie sie mit geöffneter Hose auf seinem Bett lag, neben ihr alle seine geliebten Pornomagazine. Eines davon hatte sie in ihrer Hand, während sie die andere Hand dazu gebrauchte, das zu machen, wofür Hans-Rüdiger eben diese Webseiten aufrief, wo sexy Frauen genau das machten, was diese junge Bayerin jetzt tat. Nun konnte er das sogar live miterleben. Die Frau, genauer gesagt das Mädchen, kannte er auch noch persönlich. Der Junge überlegte lange, ob er sich einen Spaß erlauben und die Tür blitzschnell aufmachen sollte, um sie zu überraschen, oder ob er ganz einfach weiter zuschauen sollte wie ein gewöhnlicher Spanner?
Die schlecht geölte Tür nahm ihm seine Entscheidung ab. Ab einem bestimmtem Öffnungswinkel begann die Tür laut zu knirschen. Hans-Rüdiger und auch Siggi erschraken. Während sie sich schnell die Hose wieder zuknöpfte und den ganzen Stapel Magazine in den Karton neben dem Bett warf – die meisten Magazine fielen neben den Karton und blätterten sich dabei auch noch auf – , zog der Junge die Tür wieder zu sich, ohne sie aber zu schließen. Ein leises »Mist« war noch zu hören. Verstecken konnte er sich aber sowieso nicht mehr und stieß deshalb die Tür wieder langsam auf und sah das Mädchen mit hochrotem Kopf auf dem Bett sitzen. Ihr schien das ganze noch viel unangenehmer zu sein als ihm.
»Servus, Hans-Rüdiger! Scho wieda da?«, fragte sie sichtlich überrascht.
»Ja, da bin ich wieder und wie ich sehe, war es dir in der Zwischenzeit überhaupt nicht langweilig, hast dich anscheinend mit meinen Magazinen vergnügt.«
War das ein Vorwurf, weil sie seine geliebten Sexmagazine angefasst hatte? Auch sein sarkastischer Ton schien Siggi zu sorgen, weshalb sie darauf bedacht war, die Situation zu entschärfen.
»Jo mei, ma war langweilig und i bin a neigieriges Madel.«
Er ging langsam auf sie zu, während er seinen Magazinen auf dem Boden kurze Blicke zuwarf, und setzte sich neben sie auf das Bett.
»Und wie gefallen sie dir?«
»Bassd scho. A boh schöne Nackerte san dabei.« Siggi schien wegen der delikaten Situation ein wenig verkrampft zu sein. Ihren Humor hatte sie aber nicht verloren.
Hans-Rüdiger lachte etwas gequält. Die peinliche Situation war noch nicht überstanden. Siggi hatte immer noch ein gerötetes Gesicht. Er musste irgendwas Lustiges sagen, um diese ganz Angelegenheit wieder auf eine normale Ebene zu führen.
»Tja, jetzt kennst du mein dunkles Geheimnis und ich deines.«
»Mei dunkls Geheimnis?« Siggi schien seinen Satz irgendwie misszuverstehen. »Also wos i do gemacht hob, war eigentle nix Schlimms. Vuilleicht soiad es ned jeda seng.« Ihr selbstbewusstes Auftreten und ihr Ärger schienen ihre Verlegenheit beendet zu haben. »I glab viele andere Madl, die ned jedn Sonndog in di Kiach gengan, hom scho Hand an si gelegt.«
»So so, bist du dir da sicher?« Der Junge versuchte Siggi zu verunsichern, vergeblich.
»Ja freili, de Madl hom genauso a Bedürfnis wia de Burschn. Dei Sexmagazine zeign doch, dass du aa an deim Steuerknüppel herumschbuist.« Sie begann über sich selber zu lachen, während Hans-Rüdiger peinlich berührt zu sein schien.
»Woher willst du das wissen, vielleicht habe ich das ja gar nicht nötig?« Seine unglaubwürdige Ausrede wirkte unfreiwillig komisch.
Siggi brach vollends in schallendes Gelächter aus und konnte kaum noch in vollständigen Sätzen reden. »Ha ha ha, du bisd so a Kasperl. Wahrscheinlich hosd du oan Harem und kimmsd voa lauta Schnackseln gar ned mehr dazua am gloan Hans-Rüdiger seibsd Hand ozulegn. Schliaßlich braucht da gloae aa mal a bissal Ruah.«
Während Siggi weiterhin herzhaft lachte, saß der Junge nur so da mit offenem Mund und brachte kein Wort heraus.
›Die ist schön dreist‹, dachte er sich, ›und das auch noch in meinem eigenen Zimmer‹. Hans-Rüdiger gingen auch noch andere Gedanken durch den Kopf, weil er eigentlich hätte unten sein müssen, um die Party zu kontrollieren. Bei all dem Alkohol hätte was aus dem Ruder laufen können, was es eigentlich auch schon tat, nur dass der junge Partyveranstalter das noch nicht so mitbekommen hatte.
»Also Siggi, weißt du was? Ich werde hier diese Magazine alle wieder einräumen und dann gehen wir beide nach unten. Hier oben sollte eigentlich gar nichts stattfinden, hier ist die Tabuzone.« Der Bursche schien verärgert zu sein und so ganz konnte er den Humor von Siggi auch nicht teilen, die weiterhin recht süffisant lächelte.
»Sei ned so eingeschnappt. Komm, i heifd dia a bissal.« Sie nahm ein paar der Magazine und stapelte sie übereinander, während der Junge die Hefte auf dem Boden ordnete, um sie geordnet in den Karton zurückzulegen.
Siggi war sichtlich guter Laune und nahm eines der älteren Magazine in die Hand. »Du, schau moi, die Pornodame in dem Klassika hod undn herum so vui Hoa, da brauchst a Machete um ins dunkle und feichte Verlies zu gelangn.« Sie begann wieder zu lachen.
»Wieso, lässt du es etwa nicht wild wuchern?« Seine Neugier schien jetzt doch über seine Schüchternheit zu siegen. An den Stress mit der Party dachte er nicht mehr.
»Spinnst du, i muss da regelmäßig stutzn, sonst werd’s zu vui und des Ungeziefa macht sich broad.«
Sie schaffte es diesmal ihm ein sanftes Lächeln zu entlocken.
»Ehrlich gsogt, hob i fast ois wegrasiad, bis auf oan Streifa obahoib moana Mumu, oan Irokesen sozusong. Untenherum bin i quasi a Punk. Mogst moi seng?«
Hans-Rüdiger fiel fast die Kinnlade herunter. Diese Frage hatte er sicherlich nicht erwartet. »Ja…ja, gerne,« stammelte er nur.
Siggi machte den Knopf ihrer Hose auf, zog den Reißverschluss herunter und fasste mit den Fingern ihr Höschen an, um es runterzuziehen, als sie beide plötzlich in diesem erotisch aufgeladenem Moment von unten ein ohrenbetäubendes Geräusch hörten. Beide erschraken und Siggi zog sich ihre Hose sofort wieder an.
»Verdammt, ich glaub, jetzt bin ich in Schwierigkeiten.« Hans-Rüdiger schaute geschockt zur Tür hinaus. »Okay, ich muss da schnell runter. Kannst du mir einen Gefallen tun und hier alles aufräumen.« Mit schnellen Schritten verließ der noch bleicher gewordene Junge das Zimmer, während Siggi alle seine Pornomagazine ordentlich aufräumte und sie wieder dahin stellte, woher sie alle hergenommen hatte. Das ging recht schnell, denn sie wollte natürlich auch wissen, was der Partymob unten angestellt hatte.
Als sie auch im Erdgeschoss war, ging sie von der Treppe die paar Meter zum Wohnzimmer fast laufend, wo sie dann das ganze Dilemma sah. Nicht nur, dass jemand auf den teuren Teppich gekotzt hatte und deutlich mehr als drei Weinflaschen auf dem Wohnzimmertisch standen, sondern eine noch eine viel größere Katastrophe war geschehen, auf die Hans-Rüdiger mit ein paar Jungs und Mädchen blickten. Im Wohnzimmer stand oder eher hatte mal ein große und sehr teure Vitrine gestanden, wo Erinnerungsstücke und andere Souvenirs aus dem Urlaub ausgestellt waren. Die Vitrine schien umgekippt zu sein. Wie sich herausstellte, hatte eines der mittlerweile schwer alkoholisierten Mädchen das Gleichgewicht beim Tanzen verloren und war mit voller Wucht gegen die Vitrine geknallt. Dabei hatte sie versucht sich an der Vitrine seitlich festzuhalten, um nicht auch noch auf den Boden zu fallen. Das war ein Fehler. Diese war dann nach vorne umgekippt und in tausend Scherben zerbrochen. Die gute Nachricht war, dass das Mädchen unverletzt blieb, aber stark benommen und geschockt auf dem Sofa saß. Die meisten Stücke in den Regalen blieben unversehrt, bis auf die, die auch so zerbrechlich wie Glas waren.
Hans-Rüdiger stand nun vor diesem Scherbenhaufen und murmelte ständig verzweifelt leise vor sich hin. »Scheiße, scheiße, scheiße, ich bin erledigt.« Ein anderer Junge legte seinen Arm auf seine rechte Schulter und versuchte ihn zu trösten, was aber nicht die gewünschte Wirkung hatte.
Siggi stand mit einem leicht blassem Gesicht drei Meter vom Geschehen entfernt. »Mei, des war’s wohl. Party is over.« Ihr Englisch klang ein bisschen wie das von Arnold Schwarzenegger und war unfreiwillig komisch, aber die anderen ebenfalls geschockten reagierten kaum.
Nach ein paar Minuten löste sich der Schockzustand langsam. Ein paar der Jungs und Mädchen torkelten – benommen vom Alkohol und des eben Erlebten – Richtung Eingangstür. Weitere folgten, bis nur noch zwei Burschen, Hans-Rüdiger, Siggi und das fast schon schlafende Mädchen auf der Couch, das die Vitrine umgestoßen hatte, übrig blieben. Sie hatte wohl den meisten Alkohol von allen zu sich genommen.
Einer von den Jungen sprach tröstende Worte zu Hans-Rüdiger, die nicht unbedingt Trost bewirkten. »Tja, jetzt ist wohl die Kacke am Dampfen. Vielleicht hätten wir wirklich nur die zwei oder drei Weinflaschen nehmen sollen, so wie du es gesagt hast. Aber irgendwie verlangten die anderen mehr und so kam eins zum anderen.«
Hans-Rüdigers Gesichtsausdruck begann sich so langsam ändern. Der blasse Junge wurde rot im Gesicht angesichts der Erklärung und der Umstände, die zu dieser Katastrophe geführt hatten. Er blickte den Weinflaschenräuber an.
»Warum hast du mehr aus dem Weinschrank rausgenommen als abgemacht?« Sein Tonfall hatte schon was einschüchterndes.
Der Junge schien in der Tat eingeschüchtert zu sein. »Ja weißt du, manche Partys laufen manchmal aus dem Ruder, wenn der Gastgeber nicht zur Stelle ist, um dem Einhalt zu gebieten.«
»Jetzt ist es also meine Schuld.« Hans-Rüdiger wurde laut und schaute dem Jungen wütend in die Augen. »Was bist du für ein Freund? Kann man sich heutzutage nicht mehr auf seine Freunde verlassen? Übrigens, wer hat den die Vitrine umgeschmissen?«
Der andere Junge schaute zur Couch, auf der immer noch das von Alkohol benommene Mädchen saß. »Wie du siehst, beeinträchtigt zu viel Wein das Gleichgewichtsvermögen. Tanzen sollte man auf jeden Fall nicht, wenn man fast eine ganze Weinflasche leer gesoffen hat.«
»Ich hätte den verdammten Weinschrank absperren sollen.« Hans-Rüdigers Stimmung schwankt wieder von wütend auf deprimiert zurück. »Und wer hat auf den Teppich gekotzt? Ach, ist auch schon wieder Wurst.«
Der Tröster fuhr fort. »Wie ich sehe, siehst du das ganze schon etwas entspannter. Das Mädel auf der Couch ist übrigens meine Freundin Theresa und ich werde ihr wohl nach Hause helfen müssen. Hey, Ronny, pack mal mit an! Ich muss mal mein volles Schatzerl hier rausbringen.«
Der andere Junge, der noch nichts Tröstendes zu Hans-Rüdiger gesagt hatte, ging zur Couch, legte den Arm des Mädchens um seinen Hals und half ihr hoch. Der Freund des Mädchens kam hinzu und machte dasselbe mit dem anderen Arm. Zu dritt gingen sie, das Mädchen in der Mitte fast tragend, zur Haustür.
Der Freund des Mädchens drehte noch mal kurz den Kopf zurück. »Also, man sieht sich. Wenn du moralische Unterstützung brauchst, ruf mich an. Ciao!«
Einen Augenblick später waren die drei zur Haustür hinaus ohne die selbige zu schließen. Da stand er nun da, der Hans-Rüdiger, vor den Trümmern seines Lebens, während Siggi zur Tür ging, um sie abzuschließen und zurück ins Wohnzimmer kam. Der deprimierte Junge bemerkte das. »Was machst du noch hier?«
»Mei, i denke, dass irgendwie aa i vaantwoatlich bin fia des, wos do passiad is.«
»Wieso, du hast doch nichts kaputt gemacht?«
»Des ned, aber i hob di de ganze Zeid obgelenkt, mit den ganzen Sexmogazina und da Muschigschichdn. Du warst mit ma aufm Zimma anstatt do unten aufzupassn.«
Beim Ausdruck »Muschigschichdn« erschien ein kleines Lächeln im Gesicht des Burschen. »Ach was, ich habe einen entscheidenden Fehler gemacht. Ich hätte ihnen nicht den Weinschrank zeigen sollen. Ein Kasten Bier und Limo hätten genug sein sollen. Aber ich wollte nun mal eine super Party haben und die anderen nicht enttäuschen. Das habe ich nun davon.«
»I schätz, dei Ejdan wern ganz schee wild wern, wenn sie heimkomma.«
»Ja, wird wohl so sein. Ich werde mir wahrscheinlich eine andere Unterkunft suchen müssen.«
Niedergeschlagen von seinen eigenen Worten setzte sich der Junge auf das Sofa und blickte einfach nur noch starr in die Luft. Voller Mitleid setzte sich Siggi neben ihn und hatte spontan eine Idee um ihn schnell wieder auf bessere Gedanken zu bringen.
»Du, Hans-Rüdiger, om woite i dia mei reife Pflam zeign.«
»Was wolltest du?« Anstatt eines starren Blicks schaute er jetzt nur noch total perplex aus.
»Na mei Muschi, meine Vogina. Hosd des scho vagessn?«
Der Junge wusste gar nicht mehr, ob er noch frustriert sein oder vor Glück springen sollte. Es kam aber noch besser.
Siggi genoss es den deprimierten Jungen in emotionale Wallungen zu bringen und setzte deshalb noch einen drauf.
»Du, woasst wos, de Muschis kannst du aa in deinen Mogazina seng. Wie wär’s, wenn du wia de Burschn in desn Pornohefdn deinen Zipfe ausseholst und damit wos Sinnvois ostäist? Zum Beischbui den gloan Bub hart machn – i glaub, i konn dia dabei heifd – und ihn da reinsteckst, wo ea higehört.«
Jetzt war der zuvor niedergeschlagene Junge vollends baff. »Entschuldigung, was soll ich machen?« So richtig trauen konnte er seinen Ohren nicht. ›Hat sie auch vom Wein getrunken?‹, fragte er sich.
»Na schnackseln soist!«, erwiderte Siggi ungeduldig.
Die Miene des Jungen wandelte sich endgültig in eine aufgeregtes, aber fröhliches Grinsen. »Ja, du bist mir ja eine.« Er schien ihr freches Vorgehen zu bewundern, das zu machen, was er niemals gewagt hätte zu fragen, obwohl er es doch so dringend wollte. Ein paar Zweifel kamen ihm dann doch.
»Moment mal, das soll doch nicht etwas so ein Mitleidsfick sein oder gar eine Verarsche. Das wäre bei meiner jetzigen Lage schon grausam.«
»A geh, hör auf. Da Moment is perfekt. Mia san aloa in dem Heisl. Du hosd nix mehr zu valiarn, außa doana Unschuid.«
Siggi begann zu lachen, er stimmte mit ein, bis er darauf kam, dass sie ja eigentlich über ihn lachte. Angesichts der freudigen Erwartung machte ihm das aber auch nichts mehr aus.
»Na, mogst me ned voaha a bissal abschmatzln?«
Hans-Rüdiger dachte kurz nach – so vertraut war er mit dem bayrischen Dialekt schließlich auch nicht – und küsste das freche bayrische Mädel auf die Lippen. Als die beiden fest ihre Münder aufeinander drückten, versuchte der noch etwas unerfahrene Küsser seine Zunge ins Spiel zu bringen.
Siggi beugte sicht zurück. »A geh, lass den Schmarrn.«
Diese Zungenküsse waren nicht so ihr Ding. Ihr missfiel auch, wie sich die Pornodarsteller küssten. Sie dachte immer, dass diese Pornoakteure die Darsteller in normalen Filmen noch übertrumpfen wollten, was sie nicht mussten, denn schließlich folgte danach sowieso echter Sex, im Gegensatz zu den Mainstream-Darstellern und ihren simulierten Sex mit den teils unfreiwillig komischen Verrenkungen. Der Kuss wurde also fortgesetzt, aber ohne Zungenakrobatik. Sie lehnte sich weiter zurück, während er sich weiter über sie beugte.
»Du derfst ruhig etwas frecha sei.«
»Was meinst du?« Der unerfahrene Junge war sichtlich noch sehr nervös.
»Komm, greif ma unter de Bluse an meine Möpse. I droge heid sowieso koan BH, kannst nix foisch machn.«
Wie befohlen griff der Junge unter ihre Bluse und an ihren Busen. Er wurde mutiger und knetete gleich drauf los.
»Na, ned zu fest, bin koa Kua, de Muich gebn muss.« Doch Siggi wollte mehr. »Stopp, ich wui, dass du di ganz ausziehst.«
»Gut, aber nur, wenn du dich auch ganz nackig machst.« Hans-Rüdiger versuchte die Zügel an sich zu reißen.
Siggi spielte mit und zog sich die Bluse ganz aus. Der schon damals sehr große Busen schwang hin und her, sodass der Junge beim Zuschauen schon Schwierigkeiten hatte, nur sein T-Shirt auszuziehen. Sie stand auf und zog sich ihre Jeans bis auf die Fußknöchel runter, setzte sich dann auf das Sofa und zog noch ihre Schuhe aus, um die ganze Hose loszuwerden. Jetzt saß sie nur noch mit einem Höschen bekleidet auf dem Sofa.
»Na, woaauf wartest du no?«
Hypnotisiert von ihren riesigen Brüsten zögerte der Junge ein wenig, ließ sich aber nicht zweimal bitten und entledigte sich auch seiner Hose, bis er nur noch in Boxershorts dastand. Seine Erektion war deutlich darunter zu erahnen. Siggi genoss es, dass sie dafür verantwortlich war.
»So, jetzt wui i deinen Stända seng.«
»Gut, aber nur, wenn du dir gleichzeitig das Höschen ausziehst.« Der Junge wollte nicht als einziger ganz nackt dastehen.
Sie stand auf und zog sich ihren Slip aus. Der Junge starrte zwischen ihre Beine, auf die fast rasierte Vulva.
Siggi ließ nicht locker. »Jetzt komm, i wui deinen Lustlümmel seng.«
Ihre deftige Ausdrucksweise verunsicherte den Jungen. Dennoch zog er sich schnell die Boxershorts runter und war nun auch ganz nackt. Sie starrte auf seinen erigierten Penis. Anders als die »normalen« Mädchen, die angeblich keine Pornos schauten, war Siggi beim Anblick auf den Penis relativ entspannt, obgleich schon etwas aufgeregter als sonst, denn das war hier schließlich ihr erstes Mal. Die meisten Ständer, die sie so schon gesehen hatte, waren nicht viel anders, bis auf ein paar größere Ausnahmen, die in Pornos etwas öfters vorkommen. Aber Siggi konnte die Ausnahme von der Regel unterscheiden.
»A scheener Schniedel.« Ein paar Aufmunterungen waren schon wichtig, das wusste sie. »So, jetzt muss grod no a Verhüterli drüba und es konn losgehn.«
»Kondome?« Jetzt war der Junge dann doch auf dem falschen Fuß erwischt worden. Siggi antizipierte das schnell und entschärfte die Situation sofort.
»Koa Problem, i hob eins do.« Siggi griff in die auf dem Boden liegende Tasche der Hose, nahm den Geldbeutel raus und aus dem wiederum ein Kondom. Sie nahm das Gummiteil aus der Verpackung.
»Deaf i?«
Der Junge nickte und sie stülpte es, ohne zu zögern über seinen Penis. Der Junge war schon leicht erschrocken über Siggis forsches Vorgehen, ließ es aber über sich ergehen angesichts dieser einmaligen Situation und Chance, die so schnell nicht wieder kommen würde.
»So fertig, Verhüterli bassd perfekt.« Zufrieden wie ein Handwerker setzte sie sich auf die Couch und spreizte ihre Beine, als wäre es eine Kampfsportübung.
Bei diesem Anblick wurde sein Penis sogar noch härter. ›Mein Gott‹, dachte er sich, ›die geht echt ganz schön ran. Ob das alle Mädchen so machen?‹
Irgendwie hatte er da ganz andere Geschichten gehört. Ihm gefiel es aber so sehr, dass er die Sache mit der Vitrine und dem Wein schon zu vergessen begann. Er kniete auf der Couchkante zwischen ihren Beinen, setzte seinen Penis genau vor das Ziel und drang langsam in sie ein. Sie stöhnte laut auf. Leise war die Siggi beim Sex nicht, auch wenn es das erste Mal war. Irgendwie schien sie unbewusst die Darstellerinnen in den Sexfilmen zu imitieren, aber es war auch ganz ihre Natur, alles ungehemmt und ohne Scham herauszulassen.
Das rein und raus Spiel begann, in einem vielleicht zu hohem Tempo.
»Ned so schnei, ganz langsam.« Siggi dirigierte ihn und er gehorchte, auch deshalb, weil er den Eindruck hatte, dass sie mehr darüber wusste als er, obwohl er auch ein regelmäßiger Pornogucker wie sie war und beide noch keine Erfahrung hatten. Allerdings glaubte er nicht, dass sie Pornos schaute, denn Mädchen ihres Alters tun so was nicht. Da lag er wohl daneben.
Siggi stöhnte noch lauter. Gut, dass sonst niemand im Haus war.
Der Junge hielt sich beim Stöhnen noch zurück, denn Siggi war nicht nur lauter als er, sondern sie war auch diejenige, die die Kontrolle über das Ganze hatte. Zusätzlich zur Penetration hielt sie ihn an, an ihren Brustwarzen herumzuspielen. Genauso hatte sich Siggi das vorgestellt. Beide fingen mittlerweile an richtig zu schwitzen und sie merkten, dass das ganze immer erregender und intensiver wurde. Mit diesem sehr attraktiven und super sexy Mädchen Geschlechtsverkehr zu haben, anstatt nur passiv jemanden beim Sex zuzuschauen, war für jemand unerfahrenen wie Hans-Rüdiger und seine stimulierten Sinne dann doch zu erregend und zu viel Reizüberflutung. Und so endete es wie bei vielen Jungen und auch vielen erwachsenen Männern. Der Junge kam zu früh und verschoss sein Pulver zu schnell. Ein vorzeitiger Samenerguss ist nichts Seltenes und sogar ziemlich normal, aber dennoch meistens peinlich.
Siggi merkte bei all ihrer Erregung erst ein Mal nichts.
»Verdammt«, fluchte der Junge leise vor sich hin und hörte mit dem rein und raus Spiel auf.
Nun aber bemerkte auch sie, dass etwas nicht stimmte. »Wos hosd’n?«
»Ja, weißt du, das ist mir eigentlich noch nie passiert, aber du bist ja auch so verdammt heiß.«
Siggi wusste aus Erfahrung, dass Jungs um eine peinliche Ausrede nie verlegen sind. Sie verdrehte enttäuscht die Augen. »I nehm an, du hosd wohl de Rakete zua fria obgeschossn. Mei, solche Sachn passiern scho moi.«
Sie zog ihre Beine zu sich, schloss sie und rollte sich zur Seite, während der Junge noch immer in seiner Stellung verharrte, als hoffte er, dass es irgendwie doch noch weiter gehen würde. Aber der Zug war schon abgefahren.
Sie zog sich langsam ihr Höschen wieder an, während er sich des Kondoms entledigte.
»Also i werd moi langsam heim gehn. Braast no wos? A moaalische Unterstützung oda oan Blowjob?« Sie kicherte leicht.
»Meinst du das ernst?«
»Ja freili, des voahin ging ma a bissal zua schnei. I lutsch an deim Zipfe, wenn du voaha mei Mösn leckts.«
Nach seiner ersten Sexpleite überlegte der Junge nicht zu lange. »Okay, neuer Versuch. Oralsex ist ja auch nicht schlecht.«
Siggi zog sich das Höschen wieder aus, setzte sich aufs Sofa und spreizte die Beine erneut, während sich Hans-Rüdiger vor dem Sofa hinkniete und ihr genau zwischen ihre Beine starrte mit einem etwas ratlosen Gesicht.
»Woasst du scho, wos machn musst?«
Er kniete sich vor ihr hin, ging prompt mit seinem Kopf zwischen ihre Beine und begann an ihrer Vagina zu lecken, was aber aussah wie bei einem Hund, der das Gesicht seines Herrchens ableckt. Siggi bemerkte das und sah, was er da zwischen ihren Beinen veranstaltete. Es erregte sie nicht wirklich, außer der Situation an sich. Sie hatte auch keine Lust ihn da noch zu korrigieren. Schließlich fand erst vor kurzem das erste Versagen statt und sie wollte das Selbstvertrauen des Jungen nicht gänzlich ruinieren. Deshalb spielte sie mit und stöhnte pornoreif, was der junge Bursche für seinen Verdienst hielt. Hin und wieder schaute er stolz zu ihr auf und nahm ihren sexuell verzückten Gesichtsausdruck als Dank auf, was Siggi wiederum stolz machte auf ihre guten schauspielerische Fähigkeiten.
›Als Darstäierin fia oan Softporno häd i sicherlich a guade Chance‹, dachte sie sich.
Aber das ganze musste ja auch irgendwann zum Schluss kommen, sonst hätte er sie noch wund geleckt. Sie begann deshalb schneller und lauter zu stöhnen bis sie einen lauten Schrei von sich gab und der junge Zungenakrobat aufhörte.
»Na, bist ja gekommen. Es hat dir scheinbar gefallen.« Er beglückwünschte sich quasi selbst, während Siggi nur die Augen rollte und begann sich wieder anzuziehen.
»Du, es is scho spät gewoadn. I muss jetzt langsam heim. Den Blowjob gibt’s irgendwann schbada.« Sie musste sich ein Lachen verkneifen, da Hans-Rüdiger immer noch nackt vor ihr stand, der dünne und etwas blasse Junge mit dem ziemlich ernsten Problem.
»Wos sogst deinen Ejdan?«
Der Junge wurde von ihr wieder in die Realität zurückgeholt. In seiner Stimme war etwas Verzweifeltes herauszuhören. »Ach, diese verdammte Party und diese verantwortungslosen und versoffenen Kinder.«
Vielleicht half ihm etwas Selbstironie das Ganze besser zu verarbeiten. Er begann sich anzuziehen.
»Ich werde erst mal die Kotzlache auf dem Teppich entfernen, die Scherben aufkehren und die noch nicht geöffneten Weinflaschen in den Schrank zurückstellen. Und wenn ich dann endlich fertig bin, gehe ins Internet und kaufe mir ein billiges Flugticket irgendwohin nach Südamerika. Ich habe zwei Tage Zeit um meinen Plan zu verwirklichen.«
Siggi zwang sich zu einem Lachen. Er tat ihr leid. »Wengstens hosd du ned deinen Humoa valoan. Du, i werd dia wos helfen. I räum de Glaslscherbn weg, aba de Speibe musst du entferna.«
»Danke, der Herrgott segne dich.«
Sein Humor in dieser schwierigen Situation gefiel Siggi. Aber an seinen Sexkünsten musste er noch arbeiten.
So also endete Siggis und Hans-Rüdigers erster Sex. Aber wahrscheinlich wäre es gar nicht zum Sex gekommen, wenn nicht diese angeblichen Freunde gewesen wären, die diese Katastrophe verursacht hatten. Ein paar Mal sah Siggi diesem Pechvogel noch in der Schule, sie grüßten sich und sprachen auch miteinander. Sie erfuhr von ihm, dass sein Vater, nachdem er alles erfahren und gesehen hatte, nicht wild mit ihm geschimpft, sondern eher leise in sich hinein gegrollt hatte, während seine Mutter anfangs sprachlos gewesen war und dann versucht hatte, ihn zu trösten. Wie sich herausstellte, war nicht die zu Bruch gegangene Vitrine der teuerste Schaden, sondern die insgesamt fünfzehn von dreißig leer getrunkenen oder verschütteten Weinflaschen, die die Vitrine an Wert um einiges übertrafen. Und das alles für ein paar Jugendliche, die nur wegen des Alkohols die Flaschen öffneten und den Geschmack des teuren Weines gar nicht zu schätzen wussten.
Zwei Wochen später sah Siggi den Jungen nicht mehr. Er schickte ihr eine E-Mail, dass er zu seinem Onkel nach München gezogen sei und dort auf ein Gymnasium gehe. Sie konnte nur noch den Kopf schütteln über seinen Vater und den teuren Wein, der so viel wichtiger war als ein nicht ganz perfekter Sohn, der wie alle in seinem Alter schon mal schwerwiegende Fehler begehen konnte. Dafür war er aber ein umso humorvoller Bursche. Sie mochte Jungs mit Humor.
Der Zug fuhr im Schneckentempo dahin. Siggi war leicht eingenickt. Das langsamere Tempo und der damit eingehende Rhythmuswechsel weckte das Mädchen. Während ihres kurzen Dösens hatte sich ein Seniorenpaar in ihr Sitzabteil gesetzt.
»Na, haben wir dich aufgeweckt.« Das Paar lächelte freundlich Richtung Siggi.
»Bassd scho, i hob sowieso ned richtig gschlafa.«
Sie rieb sich die Augen und fragte sich, warum wie so oft der Zug wieder so langsam fuhr. Schließlich wollte sie nicht zu spät in München ankommen, da sie sich mit einer der zwei Mitbewohnerinnen der Studenten-WG am Telefon verabredet hatte. Diese sollte ihr noch einen Wohnungsschlüssel überreichen und ihr alles zeigen und erklären, wie in der Studenten-WG die Dinge so liefen. Anrufen wollte Siggi sie wegen der Verspätung aber noch nicht. Sie wollte der Bahn noch eine Chance geben einigermaßen pünktlich anzukommen.
Das ältere Paar unterhielt sich lebhaft. Sie aber hörte nicht hin, sondern schaute wieder aus dem Fenster. Der Zug nahm wieder an Fahrt auf und Siggi hoffte doch noch rechtzeitig in München anzukommen. Mindestens eine Stunde bis zum Zielort würde es aber dauern. Sie schaute noch mal kurz zu den zwei Senioren rüber, die sie an ihren ersten Job erinnerten.
...
Leseprobe beendet